Berichte 2017

Wir wachsen, wo wir wachsen müssen: in der spezialisierten und der hochspezialisierten Medizin

Spitalratspräsident Martin Waser und CEO Gregor Zünd blicken auf ein intensives Geschäftsjahr mit zahlreichen medizinischen und betrieblichen Highlights zurück.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsergebnis 2018?

Gregor Zünd: Wir sind sehr zufrieden mit dem Geschäftsergebnis. Dieses war nur möglich dank des grossen Engagements unserer Mitarbeitenden. Ich bin stolz, dass sie sich in hohem Mass mit dem USZ identifizieren. Ohne unsere Mitarbeitenden wäre ein solch positives Ergebnis nicht möglich.

Martin Waser: Ich möchte mich dieser Einschätzung anschliessen. Meine persönliche Genugtuung ist zudem, dass wir in der spezialisierten und der hochspezialisierten Medizin wachsen, wo wir 80 Prozent unserer Leistungen anbieten. Der Case Mix Index, sprich die Komplexität der Fälle, nimmt zu, gleichzeitig konnten wir die Aufenthaltszeit kürzen. Wir wachsen auch bei den ausserkantonalen Zuweisungen und erfüllen damit eine überkantonale Aufgabe. Das zeigt, dass Patienten wegen unserer «High-End-Kompetenz» zu uns kommen. Wir wollen auch weiterhin unsere Kompetenz in diesem Bereich stärken.

Das USZ hat 2018 einen Gewinn von über 60 Mio. CHF ausgewiesen. Wie stufen Sie diesen ein?

MW: Das USZ hat noch nie einen so hohen operativen Gewinn erzielt. Das Geld brauchen wir in erster Linie, um die dringend notwendige bauliche Erneuerung des USZ zu bezahlen.

Hat die angestrebte Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich bereits stattgefunden? Und wenn ja, sieht man das?

GZ: Ja, das ist gut ersichtlich. 2018 wurden am USZ rund 800 Patientinnen und Patienten ambulant statt stationär behandelt. Der ambulante Bereich wächst signifikant. Dank der Steigerung der Anzahl Besuche weisen wir trotz TARMED-Revision eine etwa gleich hohe ambulante Leistung in Taxpunkten aus wie im Vorjahr.

Sie haben in der Vergangenheit viele Anstrengungen unternommen, um die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. Wie sind Sie damit vorangekommen?

MW: Ich rede lieber von Verbesserungen der Produktivität. Produktivität bedeutet, dass wir mit der gleichen Anzahl Mitarbeitenden mehr Patientinnen und Patienten qualitativ gut behandeln können. Das kann man an der Verweildauer der Patienten ablesen. Es ist uns gelungen, den Prozess nach der Behandlung zu optimieren, also die Weiterplatzierung und die Nachbehandlung der Patientinnen und Patienten ohne Zeitverzug zu gewährleisten. Unsere Frage ist stets, wie wir etwas besser machen können. Über verschiedene Bereiche hinweg haben wir Prozesse standardisiert und arbeiten effizienter auf Plattformen, die zunehmend von verschiedenen Kliniken genutzt werden.

Wie sorgen Sie denn dafür, dass die Qualität unter dem Druck dieser Produktivitätsverbesserung nicht leidet?

GZ: Ein Massstab dafür ist zum Beispiel die Rehospitalisationsrate. Sie erfasst, ob ein Patient nach seinem Austritt innerhalb einer bestimmten Frist wegen desselben Gesundheitsproblems wieder hospitalisiert werden muss. Auch die Anzahl Rückverlegungen von den stationären Abteilungen in die Intensivstationen gibt uns Hinweise bezüglich Behandlungsqualität. Beide Indikatoren sind 2018 nicht gestiegen. Das spricht für eine hohe Behandlungsqualität.

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«Ein politischer Höhepunkt war die Übertragung der Immobilien an das USZ.»
Martin Waser, Spitalratspräsident

Was waren die Highlights der letzten Monate?

GZ: Wir waren in medizinischer und betrieblicher Hinsicht äusserst erfolgreich. So gab es zahlreiche medizinische Highlights am USZ, wie die erstmalige Laserablation bei Hirntumoren oder das durch die Spezialisten der ORL-Klinik eingesetzte Hirnstammimplantat bei angeborener Gehörlosigkeit. Auch die hohe Anzahl Transplantationen ist bemerkenswert und repräsentativ für eine grosse interdisziplinäre und interprofessionelle Teamarbeit.
MW: Die Inbetriebnahme des Service- und Logistikzentrums in Schlieren zur Entlastung des Zentrums war ein wichtiger Schritt für die bauliche Entwicklung. Die Verantwortlichen haben einen ausgezeichneten Job gemacht. Auch die Nahtstellen zum bestehenden Betrieb funktionieren zunehmend sehr gut. Ein politischer Höhepunkt war die Übertragung der Immobilien an das USZ. Jetzt können wir diese selbst bewirtschaften und weiterentwickeln. Die damit verbundene Verantwortung nehmen wir sorgfältig wahr.

Wie weit sind Sie mit dem USZ am Flughafen?

MW: Am Flughafen bauen wir die Infrastruktur, die uns hilft, ambulante und stationäre Behandlungen zu trennen. Gewachsen aus einem Sachzwang, weil wir uns im Zentrum räumlich bewegen müssen, verfügen wir damit über eine sehr gute Lösung. Wir haben ein klares Konzept, das in die langfristige Strategie des USZ passt. Mit der Inbetriebnahme des neuen Gebäudes SUED2 werden wir bereits ab Mitte 2019 in einem grossen Ambulatorium Erfahrungen sammeln. Erfahrungen, die wir in das USZ am Flughafen übertragen können. So schaffen wir Klarheit, dass die vorgesehenen Prozesse auch dort von Anfang an richtig aufgesetzt sind.

Was sind die wichtigen Punkte bei der Trennung von ambulanten und stationären Strömen?

GZ: Entscheidend ist, dass wir komplexe medizinische Probleme, die wir früher nur stationär behandeln konnten, heute auch ambulant und in hoher Behandlungsqualität lösen können. Das hat natürlich mit der Entwicklung der Medizin zu tun. «Ambulant» ist nicht mehr gleich «einfache» und «stationär» gleich «komplexe» Medizin. Wir sind in der Lage, auch spezialisierte und hochspezialisierte Medizin in hoher Qualität ambulant anzubieten.

Welche Vorteile haben die Patienten, wenn die Pfade getrennt sind?

GZ: Die Patientinnen und Patienten müssen nicht mehr im Spital übernachten, sie können flexibler über ihre Zeit verfügen und sind bei gleicher Qualität gut diagnostiziert und therapiert. Ausserdem eröffnen wir ein neues Tätigkeitsfeld für die Berufsgruppe der Medizinischen Praxisassistentinnen, den sogenannten MPA. Sie sind vorbereitet darauf, die Patienten in einem Ambulatorium zu begleiten, und werden die Pflegefachpersonen unterstützen.

Sie haben 2018 die Klinik für Onkologie und die Klinik für Hämatologie zusammengeführt. Warum?

GZ: Wir gehen hier einen zukunftsorientierten Weg. In der Onkologie haben wir viel in eine spezifische und therapieentscheidende Gendiagnostik investiert. Da sind wir weltweit eines der führenden Institute. Parallel dazu haben wir zusammen mit der UZH das Comprehensive Cancer Center Zürich aufgebaut. Es verfügt über 17 zertifizierte Tumorzentren mit den entsprechenden Spezialistinnen und Spezialisten. Diese diskutieren in den Tumorboards die am besten geeignete Therapie für den jeweiligen Patienten. Die molekulare Diagnostik ist dabei als Querschnittsfach das Fundament der Tumorzentren.

Es ist also nicht vorgesehen, in Zukunft die beiden Kliniken wieder zu trennen?

MW: Das können wir uns nicht vorstellen. Wir werden aber unsere Anstrengungen in der Ausbildung in Bezug auf die Onkologie erhöhen. So soll es mehr Assistenzprofessuren in den einzelnen Fachgebieten geben. Die Nachwuchsförderung wurde in der Vergangenheit etwas vernachlässigt.

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«Wir sind in der Lage, spezialisierte und hochspezialisierte Medizin in hoher Qualität ambulant anzubieten.»
Gregor Zünd, Prof. Dr., CEO

Worauf freuen Sie sich am meisten im laufenden Jahr, wo sind Sie am stärkten herausgefordert?

GZ: Wir haben im Januar die Resultate des Architekturwettbewerbs präsentiert. Die Öffentlichkeit hat sehr positiv darauf reagiert. Das hat uns natürlich gefreut. Weitere Meilensteine sind die bereits erwähnte Inbetriebnahme des Gebäudes SUED 2 und der Umzug nach Stettbach, wo 600 Mitarbeitende im Dezember neue administrative Arbeitsplätze beziehen werden. Wir eröffnen zudem eine neue Klinik, die Klinik für Gefässchirurgie.

Wie steht es um die Einsprachen für die erste Etappe der Gesamterneuerung?

MW: Drei Einsprachen sind zurzeit noch hängig. Wir arbeiten intensiv an einer Lösung, planen und arbeiten parallel weiter. Es ist anspruchsvoll, Aussenstehenden verständlich zu machen, vor welchen Herausforderungen ein Spital unserer Grösse steht, wenn es sich an Ort bei laufendem Betrieb baulich Schritt für Schritt komplett erneuern muss. Positiv werten wir, dass die Stadt bei der Festlegung der Bau- und Zonenordnung (BZO) vorwärtsmacht.

Letztes Jahr gab es eine Mitarbeiterbefragung. Was hat sie ergeben, und was machen Sie mit den Resultaten?

GZ: Die Befragung der Mitarbeitenden hat deutlich gezeigt, wie sehr sich diese mit dem USZ identifizieren. Das hat uns ausserordentlich gefreut, denn das ist die Voraussetzung, um gemeinsam erfolgreich die Zukunft zu meistern. Wir wissen dank der Befragung auch, in welchen Bereichen wir uns als Arbeitgeber verbessern müssen, und werden daran arbeiten.

Sie haben das Thema der Gleichstellung auf Ihrer Agenda. Worauf zielen Ihre diesbezüglichen Bemühungen ab?

MW: Wir müssen die Rahmenbedingungen verbessern, um Frauenkarrieren zu fördern. In der Administration gelingt uns das bereits recht gut. Wir wollen aber auch in der Medizin mehr Frauen in Chefpositionen bringen. Ein Drittel der Leitenden Ärzte sollen Frauen sein. Wenn wir das erreichen, werden wir in Zukunft auch wieder mehr Klinikdirektorinnen ernennen können.

GZ: Wir wollen die Teamleistung stärker fördern. Es ist erwiesen, dass gemischte Teams bessere Leistungen erbringen. Die Ärztinnen leiden am meisten unter den strukturellen Hindernissen. Daher liegt unser Fokus bei ihnen. Heute haben wir 66 Prozent Medizinstudentinnen, 55 Prozent Assistenzärztinnen, 46 Prozent Oberärztinnen, 21 Prozent Leitende Ärztinnen und nur 7 Prozent Klinikdirektorinnen. Es braucht viele Bemühungen, und es ist zwingend, dass Taten folgen. Dafür setzen sich Spitalrat und Spitaldirektion ein.

Martin Waser
Präsident des Spitalrats

ist seit 2014 Präsident des Spitalrats. Von 2002 bis 2014 war Martin Waser für die Sozialdemokratische Partei Mitglied des Zürcher Stadtrats, zuletzt amtete er als Vorsteher des Sozialdepartements.

Gregor Zünd, Prof. Dr. med.
Vorsitzender der Spitaldirektion/CEO

ist seit April 2016 Vorsitzender der Spitaldirektion und CEO. Davor war er tätig als Direktor Forschung und Lehre des USZ sowie als Managing Director des Zentrums für Klinische Forschung. Er hat einen Facharzttitel für Herzchirurgie und ist Professor ad personam an der Universität Zürich. Gregor Zünd absolvierte mehrjährige Auslandsaufenthalte in Houston und Boston.