Berichte 2017

Sicherheitsstandards im OP

Einsatz von Checklisten

Checklisten im Operationssaal sind nichts Neues. Das USZ setzt seit 2010 im Rahmen des Projekts «Sichere Chirurgie» routinemässig Checklisten als evidenzbasiertes Hilfsmittel mit Verlaufs-, Überprüfungs-, Bestätigungs- sowie Erledigungscharakter ein. Die Stärke der Checklisten liegt in der Unterstützung der schnittstellenübergreifenden Informationsweitergabe sowie in der Adressierung fachspezifischer Risiken. 

Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie

Die Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie hat für ihre chirurgischen Teilgebiete spezifische Checklisten im Einsatz. Im Jahr 2018 wurde für die Operationen im Bereich der Hals- und Kopfchirurgie ein besonderes Augenmerk auf das «Sign Out» gelegt, das nach Beendigung des Eingriffs durchgeführt wird, bevor die Operateure und Assistenten den Operationstisch verlassen. 

Ein zentraler Bestandteil dieses «Sign Outs» ist die Prophylaxe von Nachblutungen respektive die Erkennung potenzieller Blutungsquellen, was mit «Hämostasekontrolle» bezeichnet wird.

Dabei inspiziert der Chirurg gezielt das Operationsfeld, während Massnahmen zur Erhöhung des Blutdrucks ergriffen werden. 

Dazu gehören:

  • das sogenannte Valsalva-Manöver. Bei diesem wird durch das Anästhesieteam kurzzeitig der Beatmungsdruck erhöht und gehalten, was zu einer Erhöhung des venösen Drucks führt;
  • die sogenannte Trendelenburg-Lagerung. Bei dieser Lagerung werden durch «Kippen» des Operationstischs Oberkörper und Kopf des Patienten tiefgelagert, was zur Erhöhung des Blutdrucks führt;
  • falls erforderlich die Gabe von Vasoaktiva, womit der Anästhesist den Blutdruck regulieren soll.

Noch unpublizierte Daten eines kurzen Beobachtungszeitraums lassen eine deutliche Reduktion der Anzahl Nachblutungen vermuten. Sobald ausreichende Patientenzahlen vorliegen, ist eine wissenschaftliche Publikation geplant. Die Checkliste unterstützt somit im «Sign Out» die konsequente Umsetzung der Hämostasekontrolle und damit die Reduktion von Nachblutungen.

Meldeplattform für potenzielle Lagerungsschäden

Am USZ wurde seit 2015 eine Meldeplattform für potenzielle Lagerungsschäden eingerichtet, damit allfällige Probleme durch die Lagerung auch nach der Operation analysiert werden können. Dabei wird bei jeder Meldung die Frage geklärt, ob durch die Lagerung ein Schaden entstanden sein könnte und wie er zu vermeiden gewesen wäre. Daraus werden kontinuierlich und zeitnah gezielte Massnahmen wie Anpassung des Lagerungs- oder Abdeckmaterials sowie Schulungen zur Erhöhung der Aufmerksamkeit aller Mitarbeitenden umgesetzt.

Die wenigen Meldungen im Jahr 2018 bezogen sich vor allem auf Druckschäden, Nervenläsionen, Mazerationen (Aufquellen oder Erweichen der Haut) sowie mechanische und thermische Hautschäden. 

Institut für Anästhesiologie: Normothermie während der Operation

Patienten kühlen während einer Operation und unter Anästhesie in der Regel aus. Die normale Körperkerntemperatur liegt zwischen 36,3 und 37,4 °C. Bei anästhesierten Patienten sinkt intraoperativ die Körperkerntemperatur um circa 1 °C und stabilisiert sich beziehungsweise kehrt sich sogar um, wenn von aussen Wärme zugeführt wird. Die Einhaltung der Körperkerntemperatur während einer Operation nicht unter 36 °C wird als normotherm bezeichnet.

Die Abweichung der Körperkerntemperatur während einer Operation ist von klinischer Bedeutung, denn sie erhöht die Gefahr von Komplikationen wie Hypoxämie, Infektionen, Kreislaufinstabilität und Gerinnungsstörungen erhöhen. Körperkerntemperaturen unter 35,5 °C werden als kritische Hypothermie bewertet, Werte zwischen 35,5 und 36,3 °C als milde (1). 

Gemäss Empfehlungen der Leitlinie zur Vermeidung perioperativer Hypothermie sollte die Körperkerntemperatur am Ende der Operation bei mehr als 70 Prozent der Patienten nicht unter 36 °C sein (2). 

Am USZ werden stichprobenartig die Körperkerntemperatur bei Patienten mit einer Operationsdauer von mehr als 60 Minuten überprüft. Dies durch das Team der Infektionsprävention und Spitalhygiene anhand der Protokolle. Dabei wird die tiefste im Anästhesieprotokoll dokumentierte Temperatur samt Zeitpunkt erfasst, ab Eintreffen des Patienten im Operationssaal bis zum Ende der Operation. Patienten mit prophylaktischer oder therapeutischer Hypothermie werden nicht erfasst. Es werden nur elektive Eingriffe eingeschlossen.

Die Resultate der Stichproben (120 auswertbare Beobachtungen) zeigten einen Anteil der korrekten Einhaltung der Normothermie-Richtlinie von mindestens 36 °C in allen OP-Abteilungen von 63 Prozent. Zur Erreichung des Ziels von mehr als 70 Prozent wurde ein übergreifendes Programm durch das Institut für Anästhesiologie eingeführt. 

Es sieht folgende Schritte vor:

  • Präoperativ: Überprüfen, ob Saaltemperatur ≥ 21 °C beträgt, Vorwärmen des OP-Tischs, Bair Hugger® bereits bei Einleitung aktiv, Zudecken des Patienten.
  • Intraoperativ: Aktives Wärmen mit passender Bair Hugger®-Wärmedecke eingestellt zwischen 38 und 43 °C, Wärmen von Infusionen, Blutprodukten und Spüllösungen auf 38 °C.
  • Postoperativ: Extubation und Aufwachen des Patienten erst, wenn die Körperkerntemperatur 36 °C erreicht, vorgewärmtes Patientenbett, weiterhin aktive Wärmung und pharmakologische Behandlung von Shivering (Kältezittern).
  • Spezielle zusätzliche Massnahmen bei Kindern.

Die Effizienz des Wärmemanagements zur Erhaltung einer physiologischen Körperkerntemperatur lässt sich ausschliesslich in der früh-postoperativen Phase erfassen. Durch die postoperative Überwachung ist ein schnelles Eingreifen bei Abweichungen von normalen Werten vor der Verlegung der Patienten auf die Bettenstation möglich. 

Deshalb erfasst das Institut für Anästhesiologie regelmässig die Kernkörpertemperatur, das Muskelzittern nach Operationen, sog. postoperatives Shivering, sowie das Vorhandensein von im Vergleich zum Rumpf sehr kalten Extremitäten. Muskelzittern ist nach Operationen ein häufiges unerwünschtes Ereignis. Folgende Tabelle zeigt die Auswertungen jeweils für das erste Quartal  im Jahresvergleich (3000 bis 4000 Patienten pro Quartal):

Postoperatives Monitoring zur Normothermie

Quelle: Institut für Anästhesiologie, Prof. Dr. Donat R. Spahn, Institutsdirektor, Prof. Dr. Peter Biro, Benjamin Albiez, Pflegeexperte

Anteil an Patienten mit Körper- kerntemperatur <35.5 C in % Anteil an Patienten mit Muskelzittern in % Anteil an Patienten mit sehr kalten Extremitäten in %
2018 0.9 1.7 0.5
2017 1 1.6 0.6
2016 1.2 2 0.4
2015 2.4 2 0.8
2014 3.5 2.4 1.6

Für detaillierte Tabellenansicht

Über den Beobachtungszeitraum der letzten fünf Jahre ist der Anteil an Patienten, die bei Ankunft in die Aufwachstation eine kritische Körperkerntemperatur unter 35,5 °C hatten und die unwillkürlich vor Kälte zitterten und im Vergleich zum Rumpf sehr kalte Extremitäten hatten, deutlich gesunken.

Referenzen

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2014). S3 Leitlinie Vermeidung von intraoperativer Hypothermie. Version 8 vom 30.08.2014. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/001-018l_S3_Vermeidung_perioperativer_Hypothermie_2014-05.pdf [Stand: 22.05.2018]
  • (Kurz, A. et al. Perioperative normothermia to reduce the incidence of surgical wound infection and shorten hospitalization. N Engl J Med 1996; 334:1209–1216)
  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2014). S3 Leitlinie Vermeidung von intraoperativer Hypothermie. Version 8 vom 30.08.2014. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/001-018l_S3_Vermeidung_perioperativer_Hypothermie_2014-05.pdf [Stand: 22.05.2018]