Berichte 2017

Herzzentrum Zürich

Das Universitäre Herzzentrum Zürich am USZ zählt zu den führenden Herzzentren der Schweiz. Die Mitarbeitenden der Klinik für Kardiologie und der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie arbeiten eng in Heart Teams zusammen. Expertinnen und Experten beider Bereiche entscheiden gemeinsam über diagnostische und therapeutische Massnahmen bei Herzklappenerkrankungen, Rhythmusstörungen und Herzinsuffizienz.

Akutes Koronarsyndrom

Trotz präventiver Massnahmen bleibt die koronare Herzkrankheit die wichtigste Ursache von Morbidität und Mortalität, auch in der Schweiz.

Im Jahr 2018 wurden am USZ 766 Patientinnen und Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom (ACS) stationär behandelt. Die Rate der im Spital verstorbenen Patienten mit akutem Koronarsyndrom, die im Herzkatheterlabor (Andreas-Grüntzig-Herzkatheterlaboratorien) des USZ behandelt wurden, lag bei 4.4 Prozent. Patienten mit Nicht-ST-Hebungs-ACS (NSTEMI und instabile Angina pectoris) wiesen eine Mortalität von 2.8 Prozent auf und Patienten mit ST-Hebungsinfarkt eine Mortalität von 6.5 Prozent. 

Die Mortalität hängt entscheidend vom hämodynamischen Zustandsbild bei Eintreffen der Patientinnen und Patienten ab. So hatten zum Beispiel Patienten mit Status nach Reanimation eine Mortalität von 36,4 Prozent. Bei Patienten hingegen, die nicht reanimiert werden mussten, lag die Mortalität bei 0,9 Prozent, was im nationalen und internationalen Vergleich einem exzellenten Wert entspricht. Ähnlich verhielt es sich mit Patienten im kardiogenen Schock oder bei solchen, die intubiert werden mussten. Das USZ ist ein universitäres Schwerpunktzentrum, an das sich Rettungsdienste und zuweisende Spitäler  mit ACS-Patienten und mit Patienten mit kritischen hämodynamischen Zustandsbildern bzw. unter Reanimationsmassnahmen vorzugsweise wenden. Die Mortalitätszahlen werden daher detailliert aufgeschlüsselt (siehe nachfolgende Tabelle).

In-Hospital-Mortalität

Quelle: Klinik für Kardiologie, Prof. Dr. Frank Ruschitzka, Prof. Dr. Christian Templin

Anzahl Mortalität (%) Referenz Mortalität (%)
alle ACS-Patienten 766 4.4 7.8
davon alle STE-ACS-Patienten 341 6.5
davon alle NSTE-ACS-Patienten 425 2.8
davon alle ACS-Patienten mit Reanimation 36.4
davon alle ACS-Patienten ohne Reanimation 0.9
davon alle ACS-Patienten mit kardiogenem Schock 45.2 41.4 – 75
davon alle ACS-Patienten ohne kardiogenen Schock 0.9
davon alle ACS-Patienten mit Intubation 37.5
davon alle ACS-Patienten ohne Intubation 1.4

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Referenzen:

Yeh RW et al. NEJM 2010
Hochman JS et al. NEJM 1999
Thiele H et al. NEJM 2017

Herz- und Gefässchirurgie

In der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie wurden im Jahr 2018 insgesamt 1603 Herzoperationen durchgeführt. In der nachfolgenden Tabelle wird die Anzahl Operationen mit den beobachteten und den erwarteten Mortalitätsraten dargestellt. In einem universitären Zentrum wie dem USZ muss bei der Betrachtung der Daten der Schweregrad der operierten Patienten berücksichtigt sowie eine Risikoabschätzung vorgenommen werden.

2018 lagen die beobachteten Mortalitätsraten unter den prognostizierten Mortalitätsraten.

Mortalitätsraten bei herzchirurgischen Eingriffen 2018

Quelle: Klinik für Herz- und Gefässchirurgie, Prof. Dr. Francesco Maisano, Klinikdirektor, Prof. Dr. Michele Genoni

Ausgewählte, eindeutig definierte Eingriffe Anzahl Beobachtete Mortalitätsraten Prognostizierte Mortalitätsraten (EUROSCORE II)
2018 2018 2018
Isolierte Bypass-OP 371 2.7 4.14
Isolierte konventionelle Mitralklappen-OP 178 2.25 5.72
Isolierte konventionelle Aortenklappen-OP 45 2.22 3.75
TAVI (Kardiologie und Herzchirurgie) 331 3.41 5.77
Aortenklappenersatz und Bypass-OP 41 7.32 9.73
Total primäre Eingriffe (QUIP Register) European Quality Improvement Program 1076 5.39 6.82

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Scoring-Systeme ermöglichen eine interne Einschätzung des Patientenrisikos und den Vergleich der Ergebnisqualität mit anderen Institutionen. Kliniken mit vielen Hochrisikopatienten haben normalerweise eine höhere 30-Tage-Letalität als Häuser mit wenigen Hochrisikopatienten. Ein besseres Ergebnis steht somit nicht automatisch auch für eine bessere Therapiequalität. Um Vergleiche zwischen verschiedenen Kliniken anzustellen, ist es entscheidend, die jeweiligen Risikofaktoren der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen.

Weltweit wird dafür in der Herzchirurgie der EuroSCORE (European System for Cardiac Operative Risk Evaluation) eingesetzt. Der EuroSCORE ermöglicht durch den leicht ermittelbaren Zahlenwert von 17 Kriterien einen Vergleich von Patienten und kann dadurch zur Qualitätsmessung der erbrachten Versorgung herangezogen werden. Die Prognose der Risikoabschätzung hängt allerdings von der korrekten und zuverlässigen Erhebung der EuroSCORE-Kriterien ab.

Die Klinik setzt zum bestmöglichen Erfolg immer wieder Innovationen, regelmässige Trainings sowie sinnvolle Standards ein. So wurden auch im Jahr 2018 verschiedene Massnahmen umgesetzt.

Sentinel®: Ein Schirm verringert schwerwiegende Komplikationen

Zerebralinfarkt ist eine schwerwiegende Komplikation, die gehäuft bis zu 9 Prozent bei katheterbasierten Aortenklappenimplantationen (TAVI) auftritt. Zur Reduktion dieser Komplikation bei interventionellen Eingriffen wird ein Protection Device (Sentinel®) eingeführt. Das Medizinalprodukt verhindert durch seine Filterfunktion potenzielle Hirninfarkte, die aufgrund des Eingriffs erfolgen könnten. Das Produkt wurde 2014 für den Einsatz gegen Embolien bei TAVI von Swissmedic bewilligt. 

Positionierung des Sentinel                    

im Filter abgefangene Kalkpartikel

Das moderne Training der Chirurgen

Simulationsbasierte Trainings haben gezeigt, dass man spezielle chirurgische Fähigkeiten mit «ex vivo»-, «in-vitro»- oder Computertechnologie für Trainingszwecke erweitern und verbessern kann. 

Die Klinik für Herzchirurgie verfügt über eine Vielzahl von Plattformen für Trainings.. In Fällen, in denen die marktgängigen Simulatoren nicht zufriedenstellend waren, entwickelte das interne Ingenieur-Team in enger Zusammenarbeit mit den Chirurgen eine neue eigene Plattform. Damit konnten konkreten Bedürfnisse der Ärztinnen und Ärzte integriert und die technischen Anforderungen optimiert werden.

Ein Beispiel ist das ECMO-Training. Der Einsatz eines extrakorporellen Membranoxygenationssystems (ECMO) respektive eines extrakorporellen Life-Support-Systems (ECLS) zur Behandlung eines Lungen- und/oder Herzversagens hat in den letzten Jahren stetig zugenommen und ist heute bereits ein wichtiger Teil der chirurgischen Aktivitäten einer herzchirurgischen Abteilung. An einer Simulationspuppe mit integrierter venöser und aortaler pulsierender Zirkulation können Ärztinnen und Ärzte trainieren, wie der Zugang zu den Oberschenkelgefässen und die Einlage der entsprechenden Kanüle gemäss den internen interdisziplinär verfassten Standard Operating Procedures (SOP) zu erfolgen hat. Dank dieser Trainings sind die vaskulären Komplikationen nach ECMO-Implantation zurückgegangen.

Perkutane Herzverfahren

Perkutane Herzverfahren haben in jüngster Zeit eine breite klinische Akzeptanz gefunden und entwickeln sich Schritt für Schritt zum Goldstandard für viele Herzeingriffe. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, bedarf es der Fähigkeit, interventionelle Instrumente innerhalb des Gefässsystems und an deren Strukturen sicher zu steuern und sich eine Entscheidungskompetenz anzueignen, die auf der Interpretation von Multi-Imaging-Modalitäten basiert. 

Die Ingenieure haben auf der Grundlage von Datensätzen der Computertomographie anatomisch genaue 3-D-Phantome entwickelt. Diese Modelle sind den menschlichen Gewebestrukturen sehr ähnlich. Dadurch können wahrheitsgetreue patientenspezifische Pathologien produziert werden, die als Vorbereitung für den anstehenden Eingriff und zur Verfahrensplanung verwendet werden können. Für die Ärzte bedeutet dies eine einzigartige Gelegenheit, ihre Fähigkeiten in einer sicheren Umgebung zu üben. Im Mai 2019 wurden mit dieser Trainingsstation am PCR Valve in Paris zahlreiche internationale Kollegen trainiert.

Mit dem Ziel, realistischere Simulatoren zur Verbesserung der ärztlichen Ausbildung zu entwickeln und die Szenarien im Operationssaal) korrekt wiederzugeben, wurde eine Ingenieurpartnerschaft mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) eingegangen. Im Rahmen dieser Partnerschaft wurden drei High-Fidelity-Simulatoren für die ärztliche Ausbildung im Bereich der perkutanen Herzklappenbehandlung entwickelt. Diese Plattformen sind Teil eines breit angelegten Forschungsprogramms, um die praktische Erfahrung von Experten zu verstehen und diese Erkenntnisse jungen Kollegen zu vermitteln.