Berichte 2017

MuM am USZ – ein gemeinsamer Standard

Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (MuM) sind ein wichtiger Beitrag zur medizinischen Behandlungsqualität und Patientensicherheit [1]. Im Qualitätsmanagement unterstützen die MuM den kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Die regelmässigen, strukturierten, interprofessionellen, und wo sinnvoll, interdisziplinären Besprechungen von medizinischen Komplikationen, besonderen Behandlungsverläufen und Todesfällen sowie Fällen mit Optimierungen von Abläufen und Standards dienen dem individuellen Lernen und der konkreten Verbesserung von Strukturen und Prozessen im Spital.

In der gemeinsamen Analyse geht es neben der individuellen Perspektive vor allem auch um ein tieferes Verständnis für die verschiedenen Sichtweisen aller Beteiligten, der beitragenden Systemfaktoren sowie der sicheren und unsicheren Handlungen. MuM fördern die Verbesserung der Zusammenarbeit, das Systemdenken und eine konstruktive Fehler- und proaktive Sicherheitskultur.

 

Ziele und dualer Charakter MuM am USZ, adaptiert nach Leitfaden Bundesärztekammer

Was unterscheidet MuM von anderen Fallkonferenzen und CIRS?

Klassisch klinisch-pathologische Fallkonferenzen haben die Vermittlung von Lehrinhalten für die Ausbildung bzw. die Fort- und Weiterbildung im Fokus. Bei interdisziplinären Tumorkonferenzen (analog Transplantationskonferenzen o. ä.) liegt der Schwerpunkt auf der bestmöglichen (Weiter-)Behandlung von Patientinnen und Patienten.

CIRS ist das Berichts- und Lernsystem zum Melden von patientensicherheitsrelevanten Ereignissen. Mit dem neuen, vertraulichen CIRS-Meldeportal am USZ sind auch komplexere CIRS-Fälle als Lernfälle in einer MuM denkbar. Vorausgesetzt die Kultur in der Klinik lässt dies zu und die Meldenden/Betroffenen geben ihre Zustimmung. Auch hier gilt Sanktionsfreiheit als oberste Prämisse. Beide Systeme tragen zum individuellen und organisationalen Lernen aus Fehlern und zur Entwicklung einer entsprechenden Kultur bei.

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«Um Fehler in der Akutmedizin zu verstehen, muss man das Individuum, das Team, die Organisation und das Gesamtsystem betrachten.»
St. Pierre et al., 2005

MuM-Guideline am USZ

Um qualitätsgesicherte MuM-Konferenzen flächendeckend und wirksam am USZ umzusetzen, wurden im Frühjahr 2018 in mehreren Kliniken und Instituten erste Assessments zur Standortbestimmung durchgeführt. Die MuM-Guideline des USZ basiert auf internationalen Empfehlungen und dem Input von Ärzten, Fachpersonen Pflege und Therapeuten der Kliniken und Institute. Sie berücksichtigt folgende Kriterien:

  • Vermeidbare unerwünschte Ereignisse als Bestandteil der Medizin und Chance für Verbesserung – Fehler, Unstimmigkeiten erkennen
    (≫ Was ging schief? ≪)
  • Vorgehensweisen identifizieren, die zu unerwünschten Ereignissen führten
    (≫ Wie konnte es geschehen? ≪)
  • Erkenntnisse zu diesen Vorgehensweisen vermitteln
    (≫ Was lernen wir daraus? Was können wir besser machen? ≪)
  • Einen proaktiven und präventiven Ansatz verfolgen
    (≫ Wie können wir das zukünftig vermeiden oder frühzeitiger erkennen? ≪)
  • Neben Erfahrungswerten evidenzbasierte Literatur einbeziehen: Wo sollten wir unsere Kernkompetenzen erweitern? Was hilft, dass man sich in ähnlichen Situationen sicherer fühlt?
  • Eine strukturierte, konstuktive und offene Diskussion, kritische Analyse und umfassendes Feedback zur Förderung einer starken Sicherheitskultur.

Seit Januar 2019 werden am USZ MuM mit dem gemeinsamen Standard (Guideline USZ) in allen Kliniken und Instituten umgesetzt. Für das erforderliche Methodenwissen und Systemverständnis stehen Kurse, Workshops, Netzwerktreffen, Vorträge sowie individueller Support und verschiedene Tools zur Verfügung. Die Implementierung wird mittels Entwicklungsaudits begleitet.

Quelle: Fachstelle Qualitätsmanagement & Patientensicherheit, Dr. Francesca Giuliani, Dr. Amanda van Vegten, Leiterinnen

Referenz

[1] BÄK 2016; Ottawa-Model 2012, 2016, 2018; RCOSE 2015