Berichte 2017

Überwachung der Innenohrfunktion während der Cochlea-Implantation

Die Messung der Resthörigkeit noch während der Operation ermöglicht eine bessere Kontrolle des Operationsverlaufs und das präzisere Setzen der Elektroden in der Hörschnecke. Die Operation wird schonender und das Risiko für den Verlust der Resthörigkeit sinkt. Die intraoperative Messung der Resthörigkeit wurde am USZ im Rahmen einer Studie bei Patienten angewandt. Das Forscherteam arbeitet nun daran, die beobachteten Veränderungen noch besser zu verstehen.

Hochgradige Schwerhörigkeit oder Taubheit ist eine Erkrankung mit schweren Konsequenzen. Die Betroffenen sind trotz Hörgeräten in ihrem Sprachverständnis stark eingeschränkt und häufig auf Lippenlesen oder Gebärdensprache angewiesen. Eine lautsprachliche Kommunikation wird unmöglich. Dies führt zu einem Rückzug aus der Welt der Hörenden, was neben sozialen Einschränkungen und psychischen Folgen auch erheblichen Einfluss auf die schulische oder berufliche Laufbahn hat.

Das Cochlea-Implantat ist für diese Betroffenen der einzige Weg zurück in die Welt der Hörenden. Es handelt sich beim Cochlea-Implantat um die bisher einzige Prothese, die ein Sinnesorgan ersetzen kann. Das Cochlea-Implantat funktioniert, indem der Hörnerv direkt mittels elektrischer Impulse stimuliert wird und so ein Höreindruck entsteht. Die elektrische Stimulation erfolgt über eine Elektrode, die in einer ungefähr 90-minütigen Operation in die Hörschnecke eingelegt wird.

Typischerweise besteht heutzutage bei der Cochlea-Implantation keine vollständige Taubheit, sondern eine hochgradige Schwerhörigkeit. Damit sind vor der Operation noch teilweise intakte Innenohrstrukturen vorhanden. Beim Einführen der Elektrode in die Hörschnecke sind diese intakten Innenohrstrukturen einem Risiko ausgesetzt, verletzt zu werden. In ungefähr der Hälfte der Fälle geht das noch vorhandene akustische Hörvermögen verloren, bei den anderen bleibt es erhalten.

Vorhandenes Hörvermögen schonen

Das Forschungsteam konnte zeigen, dass das elektrische Hören mit dem Cochlea-Implantat besser funktioniert, wenn das noch vorhandene akustische Gehör geschont werden kann. Dies liegt vermutlich daran, dass mehr intakte Nervenfasern in unmittelbar Nähe der Elektrode vorhanden sind, wenn die Innenohrstrukturen erhalten werden können. Diese Nervenfasern werden mittels Cochlea-Implantat elektrisch stimuliert. Es muss daher das Ziel sein, das noch vorhandene akustische Hörvermögen während der Operation zu schonen.

Bisher hatte der Chirurg keine Information darüber, was während dem Einführen der Elektrode in die Hörschnecke mit noch vorhandenem akustischen Resthörvermögen passiert und damit auch keine Möglichkeit zu reagieren, sollte es zu einer Verletzung von Innenohrstrukturen kommen. Das Ziel unserer Forschungsarbeit ist es, die Innenohrfunktion während der Cochlea-Implantation zu überwachen und damit dem Chirurgen ein Feedback zu geben, was während dem Einführen der Elektrode im Innenohr passiert. Um die Innenohrfunktion zu überwachen, messen wir die elektrocochleographischen Signale. Dabei handelt es sich um elektrische Signale, die von den Innenohrstrukturen auf ein akustisches Signal hin generiert werden.

Beobachtete Veränderungen besser verstehen

Die Forschenden konnten bisher nachweisen, dass spezifische Veränderungen der elektrocochleographischen Signale mit einem Verlust des akustischen Hörvermögens sowie einer nicht optimalen Lage der Elektrode in der Hörschnecke assoziiert sind. Dies zeigt, dass die elektrocochleographischen Messungen in der Lage sind, für die Erhaltung des akustischen Resthörvermögens und damit auch für das elektrische Hören mit dem Cochlea-Implantat relevante Veränderungen der Innenohrfunktion zu detektieren. Zudem konnten sie feststellen, dass die Veränderungen der Innenohrfunktion mehrheitlich gegen Ende des Einführens der Elektrode auftreten. Damit ist auf diese Phase der Operation ein besonderes Augenmerk zu richten, was die chirurgische Technik, aber auch die allfällige Weiterentwicklung der Elektroden betrifft.

Zurzeit arbeitet das Forschungsteam intensiv daran, die elektrocochleographischen Signale noch besser zu verstehen, da sie viele der beobachteten Veränderungen während dem Einführen der Elektrode noch ungenügend interpretieren und erklären können. Hierfür haben sie die Messtechnik bereits weiterentwickelt, sodass sie gleichzeitig von verschiedenen Stellen innerhalb und ausserhalb der Hörschnecke die elektrocochleographischen Signale aufnehmen können.

In der Abbildung sind der Operationsbereich und die elektrocochleographischen Signale sichtbar. Oben links ist ein Fenster sichtbar, indem diese Signale in Echtzeit gezeigt werden (rot umkreist). Im Operationsbereich ist die Cochlea-Implantat-Elektrode sichtbar, die langsam in die Hörschnecke eingeführt wird. Auf diese Weise können Auffälligkeiten während der Operation mit Veränderungen der elektrocochleographischen Signale korreliert werden.

http://www.usz.ch/news/medienmitteilungen/Seiten/1000.-Cochlea-Implantat.aspx